Bedsharing: Sicher schlafen im Familienbett
Als ich mit meinem ersten Kind schwanger war, hatte ich keine Ahnung, was mich beim Thema Schlaf erwarten würde. Ganz naiv richtete ich ein Babyzimmer mit Babybett ein. Da würde das Baby dann mit spätestens drei Monaten schlafen. Vorher sollte es die Nächte Stubenwagen bei uns im Schlafzimmer verbringen. Als unser Sohn dann da war und wir die erste Nacht zu Hause verbrachten, legte ich ihn abends schlafend in den Stubenwagen. Er fing schnell an zu weinen. Und ich… stand da mit vielen Fragezeichen. Was sollte ich nun machen? Bei mir im Bett durfte er doch nicht schlafen. Aber ihn weinen lassen, wollte ich noch weniger. Also lies ich ihn bei mir schlafen und brachte kein Auge zu. Nicht, weil er so schlecht schlief (das kam erst später…), sondern weil ich so panische Angst vor dem plötzlichen Kindstot hatte.
Was sagt die Wissenschaft?
Erst im Rahmen meiner Ausbildung als bindungsorientierte Familienbegleiterin habe ich erfahren: Bedsharing erhöht das SIDS-Risiko nicht, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind. Hätte ich das damals gewusst, hätte mir das so viel Angst genommen. Deswegen möchte ich diesen Beitrag nutzen, um aufzuklären und anderen Mamas und Papas ihre Sorgen zu nehmen.
Warum ist Bedsharing so umstritten?
In der SIDS-Forschung wird das gemeinsame Schlafen (Bedsharing) kontrovers diskutiert. Einige Autor:innen sehen Bedsharing generell als Risikofaktor. Andere wiederum zeigen dagegen: Wenn keine zusätzlichen Risiken wie Rauchen, Alkohol oder eine unsichere Schlafumgebung vorliegen, ist Bedsharing genauso sicher wie ein eigenes Babybett.
Das Problem: Viele Studien unterscheiden nicht zwischen sicheren und unsicheren Schlafumgebungen. Es macht einen riesigen Unterschied, mit wem und wo ein Baby schläft – etwa ob auf einer festen Matratze mit der stillenden Mutter oder neben einem rauchenden Verwandten auf dem Sofa.
Neue Erkenntnisse
Eine große Analyse aus den USA untersuchte Fälle von plötzlichem unerwartetem Kindstod (SUID). Das Risiko war dann erhöht, wenn mindestens ein weiterer Risikofaktor vorlag. In über 99 % der Todesfälle beim Bedsharing gab es mindestens einen zusätzlichen Risikofaktor – meist „Soft-Bedding“ (weiche Kissen/Decken). Die Autor*innen empfehlen nicht, Bedsharing pauschal zu verbieten, sondern Eltern über sichere Schlafumgebungen aufzuklären.
Was bedeutet das für dich?
Der plötzliche Kindstod ist heute sehr selten – und in fast allen Fällen liegen vermeidbare Risiken vor. Strikte Verbote helfen wenig, weil viele Eltern doch gemeinsam einschlafen – dann aber oft an unsicheren Orten wie Sofas. Sicheres Bedsharing ist also nicht nur möglich, sondern kann sogar das Risiko verringern, weil es das nächtliche Stillen erleichtert und Stillen selbst ein Schutzfaktor gegen SIDS ist.
So geht sicheres Bedsharing (nach ABM-Protokoll 2019):
- Feste, ebene Matratze – kein Wasserbett, keine weichen Kissen oder Decken in Babys Nähe.
- Baby in Rückenlage, auf Brusthöhe der stillenden Mutter.
- Keine Ritzen, keine Gitter oder Seitenschläferaufsätze, in denen das Baby stecken bleiben kann.
- Nie mit dem Baby auf Sofa oder Sessel schlafen.
- Keine Personen im Bett, die rauchen, Alkohol oder Medikamente/Drogen konsumiert haben.
- Frühgeborene oder Babys mit niedrigem Geburtsgewicht sollten nicht im Elternbett schlafen.
- Genügend Platz: etwa 80 cm pro Person.
- Baby schläft nur neben der stillenden Bezugsperson, nicht zwischen den Eltern.
- Geschwister und Haustiere nicht direkt neben dem Baby im ersten Lebensjahr.
Fazit:
Bedsharing ist nicht per se gefährlich. Unter sicheren Bedingungen ist es genauso sicher wie andere Schlafsituationen – und ermöglicht gleichzeitig Nähe und Stillen in der Nacht. Informiere dich, gestalte eure Schlafumgebung sicher und treffe dann eine Entscheidung, die sich für euch gut anfühlt.
Quellen:
Blair PS et al. (2014). Bed-sharing in the absence of hazardous circumstances: Is there a risk of sudden infant death syndrome? BMJ Open; Carpenter R et al. (2013). Bed sharing when parents do not smoke: Is there a risk of SIDS? BMJ Open; Erck Lambert AB et al. (2024). Risk factors for sudden unexpected infant death by sleep environment. Pediatrics; ABM Clinical Protocol #6 (2019): Bedsharing and Breastfeeding.